Einwohner Stadt Zell (Mosel): 31.12.2012: 4.088
Demografie in Deutschland: Höchste Zeit zu handeln!
„Die Zeit wird kommen, wo unsere Nachkommen sich wundern, da wir so offenbare Dinge nicht gewusst haben.“ Diese zweitausend Jahre alte Erkenntnis von Seneca ist heute aktueller denn je - insbesondere zum Wissen um die demografische Entwicklung und deren Folgen für Deutschland. Zumindest für Einzelaspekte der demografischen Auswirkungen ist durchaus Bewusstsein vorhanden. Jeder weiß: Fast nichts ist so unsicher wie die Rente. Demografie bedeutet aber nicht nur steigende Rentenbeiträge und sinkende Rente, sondern trifft auch andere Bereich hart – wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.
Weniger Erwerbstätige ...weniger Staatseinnahmen
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von heute 55,8 Mio. auf 39,2 Mio. im Jahr 2050 zurückgehen. Gleichzeitig steigt das Durchschnittsalter der Erwerbspersonen an. Das hat nicht nur unmittelbaren Einfluss auf den Produktionsprozess in den Unternehmen. Es bedeutet zum Beispiel auch, dass bei den gründungsaktivsten Jahrgängen der 30-39jährigen bis zum Jahr 2050 bei gleichbleibender Gründungsneigung allein aufgrund des starken Rückgangs dieser Altersgruppe mit 42 % weniger Existenzgründungen als heute zu rechnen ist. Weniger Erwerbstätige und weniger Unternehmen bedeuten weniger Steuern und damit weniger Staatseinnahmen.
Wachsende öffentliche Ausgaben ...steigende Pensionslasten
Das Problem wird dadurch noch größer, dass gleichzeitig die Ausgaben des Staates steigen werden: Die Zahl der pensionierten Landesbeamten wird sich bis 2027 fast verdoppeln. Werden die Pensionen jährlich mit 3% angepasst, vervierfachen sich die Ausgaben für Pensionen von 31,4 Mrd. € im Jahr 2000 auf 124 Mrd. € im Jahr 2040. Die Ausgaben für Zusatzversorgungsleistungen für Angestellte im öffentlichen Dienst kann sich von heute 6,3 Mrd. € (2000) bis zum Jahr 2040 sogar verzehnfachen.
Leerstände bei den regionalen Verlierern ...fallende Wohnungspreise
Eine Halbierung der Einwohnerzahl kann für einige Regionen vom Schreckgespenst zur bitteren Realität werden: Die Kreise Chemnitz und Stralsund könnten bis zum Jahr 2050 die Hälfte aller Einwohner verlieren. Schon heute stehen in Leipzig 55.000 der 297.000 Wohneinheiten leer. Unter Konstanthaltung der Wohneinheiten würde allein bis zum Jahr 2030 der Leerstand der Leipziger Wohnungen auf über 100.000 ansteigen. Seit der Wiedervereinigung sind die Wohnungspreise in Leipzig bereits um 20% gefallen. Gleichzeitig hat die Stadt bis 2030 bis zu 30% weniger Steuereinnahmen und Einnahmen aus den West-Ost-Transfers zu verkraften. Demografische Realität, der die Stadt bereits heute mit dem Projekt „Stadt 2030 – Leipzig 2030“ entgegensteuert. Übrigens diese demografische Entwicklung bleibt kein Ostphänomen, denn Wolfsburg, Osnabrück und Hagen droht bis 2050 ein Einwohnerverlust von bis zu 40%.
Die Jüngsten müssen die Ersten sein
Aber viele Wege führen nach Rom: Längere Lebensarbeitszeiten sind ein Muss. Darüber hinaus: Nach dem Bielefelder Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg würde sich schon ein geringfügiger Anstieg der Geburtenrate enorm auswirken: Stiege die Geburtenrate von 1,4 auf 1,6 und hätten wir eine Nettozuwanderung in Höhe von 225.000 Menschen pro Jahr, würde die Bevölkerungszahl vorübergehend bis 2020 auf 83,8 Mio. sogar anwachsen und dann bis 2050 moderat auf 78,6 Mio. abfallen. Hierfür müsste allerdings heute schon eine grundlegende Umorientierung erfolgen. Trotz aktueller Finanznot müssen Gelder umgelenkt werden. Vor allem zu den Jüngsten dieser Gesellschaft: Ausbau und Sicherung einer angemessenen Infrastruktur von Krippen, Kindergärten und Ganztagsschulen mit frühkindlicher Förderung spielen eine zentrale Rolle. Investitionen in diesen Bereich gehören angesichts der demografischen Herausforderung an eine obere Stelle der Prioritäten staatlicher Haushalte.
Ansprechpartnerin: Dr. Sandra Hartig, DIHK Berlin, Telefon 030 20 308 1116
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Hintergrundfoto: Arne Houben, RMV-Rhein-Mosel-Verlag, Zell (Mosel), www.r-m-v.de/